- Physiknobelpreis 1983: Subrahmanyan Chandrasekhar — William Alfred Fowler
- Physiknobelpreis 1983: Subrahmanyan Chandrasekhar — William Alfred FowlerChandrasekhar wurde für seine Studien zu Sternaufbau und -entwicklung, Fowler für Studien zur Bildung von chemischen Elementen im Weltall ausgezeichnet.BiografienSubrahmanyan Chandrasekhar, * Lahore (heute Pakistan) 19. 10. 1910, ✝ Chicago 21. 8. 1995; 1925-30 Studium am Presidency College (Madras), 1930 am Trinity College in Cambridge (England), 1936 wissenschaftlicher Assistent an der University of Chicago, dort ab 1952 Professor für Astrophysik.William Alfred Fowler, * Pittsburgh (Pennsylvania) 9. 8. 1911, ✝ Pasadena (Kalifornien) 14. 3. 1995; ab 1929 Physikstudium an der Ohio State University in Columbus, 1933 ging er an das California Institute of Technology (Pasadena), 1936 Promotion und bis zu seiner Emeritierung 1982 am dortigen Kellogg Radiation Laboratory.Würdigung der preisgekrönten LeistungZu Beginn der 1930er-Jahre beschäftigte sich Chandrasekhar auf einer über zweiwöchigen Schiffsreise von Indien nach England mit der Frage, bis zu welcher Größe ein Stern noch stabil sein kann, wenn er seinen Brennstoff verbraucht hat.Man ging damals davon aus, dass alle Sterne am Ende ihrer Entwicklung als so genannte Weiße Zwerge enden. Hierbei handelt es sich um kollabierte Materiepakete, die etwa so groß sind wie die Erde und die Masse der Sonne besitzen. In ihnen laufen keine Kernreaktionen mehr ab, und sie behalten ihr stabiles Gleichgewicht. Im Gegensatz zu normalen Sternen wird in Weißen Zwergen der nach innen gerichtete enorme Gewichtsdruck nicht durch eine hohe Temperatur ausbalanciert, sondern durch eine große Dichte. Ein Fingerhut voll Materie eines Weißen Zwergs würde auf der Erde etwa so viel wiegen wie ein Kleinwagen.Die Chandrasekahr'sche GrenzeChandrasekhar untersuchte, was passiert, wenn einem Weißen Zwerg — etwa durch einen Begleitstern — Materie zugeführt wird. Die zunehmende Dichte im Zentrum lässt den Elektronenbahnen dabei immer weniger Platz, sie müssen höher energetische Zustände besetzen. Bei genügend großer Dichte erreichen sie schließlich Geschwindigkeiten nahe der Lichtgeschwindigkeit und unterliegen damit den Gesetzen der Relativitätstheorie. Das hat zur Folge, dass ihr Widerstand gegen den zusammenpressenden Druck abnimmt. Der Stern wird immer kleiner. Chandrasekhar fand schließlich, dass die Grenzmasse für diesen Schrumpfungsprozess von Weißen Zwergen bei 1,45 Sonnenmassen liegt. Diese so genannte Chandrasekhar'sche Grenze ist von fundamentaler Bedeutung für den Sternaufbau und die Sternentwicklung und berechnet sich aus Naturkonstanten wie etwa dem Planck'schen Wirkungsquantum, der Protonmasse und der Gravitationskonstanten.Überschreitet ein Weißer Zwerg diese Grenzmasse, ist er nicht mehr stabil und stürzt innerhalb von Sekunden in sich zusammen. Die dabei frei werdende Gravitationsenergie bezeichnet man als Supernovaexplosion. Nur Sterne unterhalb der Chandrasekhar'schen Grenze, wie die Sonne, enden als stabile Weiße Zwerge.Als Chandrasekhar 1935 seine Ergebnisse vortrug, widersprach der Astronom und Leiter der Cambridger Sternwarte Arthur Eddington energisch und warf ihm fehlerhafte Anwendung der Relativitätstheorie vor. Dieser Widerstand war mitverantwortlich dafür, dass Chandrasekhar den Nobelpreis erst 50 Jahre später erhielt, was auch eine entsprechende Verzögerung in der Entwicklung der theoretischen Astronomie mit sich brachte.Weitere Arbeiten und EhrungNach seinen Arbeiten über Sternentwicklung und -aufbau beschäftigte sich Chandrasekhar mit Fragen der stellaren Dynamik, des Strahlungsaustauschs und der Theorie der Planetenatmosphären. In seinen letzten Jahren wandte er sich der allgemeinen Relativitätstheorie zu und arbeitete an einer mathematischen Theorie Schwarzer Löcher. Im Juli 1999 sandte die NASA ein Röntgenteleskop in die Erdumlaufbahn, das ihm zu Ehren »Chandra-Röntgen-Observatorium« genannt wurde.Mensch und Stern»Wir sind buchstäblich Sternenstaub« sagte William Fowler 1983 in seiner Nobelpreisrede und fasste damit das Ergebnis seiner langjährigen Arbeit über die Entstehung der Elemente im Weltall zusammen. Der menschliche Körper besteht neben Wasserstoff zu etwa 65 Prozent aus Sauerstoff, 18 Prozent Kohlenstoff und wenigen Prozent Stickstoff, Natrium, Magnesium und Phosphor, nebst Spuren schwererer Elemente. Seine Untersuchungen über die Entstehung der Elemente im Weltall zeigen, dass mit Ausnahme des Wasserstoffs all diese Elemente einmal in Sternen erzeugt wurden.Das Periodensystem in den SternenFowler lieferte die experimentelle Bestätigung für die Richtigkeit der schon in den 1930er-Jahren von Hans Bethe (Nobelpreis 1967) und Carl Friedrich von Weizsäcker beschriebenen Verschmelzungsprozesse (Fusionsreaktionen) im Sterninneren.Zusammen mit den britischen Astronomen Geoffrey und Margaret Burbidge und Fred Hoyle veröffentlichte er 1957 eine Arbeit über »Die Elementsynthese in Sternen«. Darin wiesen die Autoren nach, dass vom Kohlenstoff bis zum Uran alle Elemente des Periodensystems durch Kernreaktionen in Sternen erzeugt werden können, während Wasserstoff und Helium beim Urknall entstanden sind. In der ersten Reihe von Fusionsreaktionen wird aus je vier Wasserstoffatomen ein Heliumatom erzeugt. Dieser Prozess dauert an, bis der Wasserstoff im Sterninneren aufgebraucht ist. Die erzeugte Energie reicht nicht mehr aus, um die Schwerkraft auszugleichen, das Sterninnere zieht sich zusammen, der Kern und die umgebende Materie heizen sich auf. Das Wasserstoffbrennen beginnt nun in den umgebenden Schichten, während gleichzeitig der Kern des Sterns ausreichend heiß geworden ist, um weitere Fusionsreaktionen zu zünden, bei denen Helium zu Kohlenstoff verschmilzt. Nach dem Ende des Heliumbrennens fusioniert der Kohlenstoff dann zu Neon, Sauerstoff und schließlich zu Silicium. Bei all diesen Reaktionen wird Energie frei. In einem letzten Fusionsprozess verschmelzen Siliciumkerne zu Eisenkernen. Eisen steht am Ende der spontanen Fusionsreaktionen, da bei der Synthese höherer Elemente mehr Energie absorbiert als freigesetzt wurde. Wenn der Eisenkern die Chandrasekhar'sche Grenze überschreitet, kollabiert er unter der eigenen Schwerkraft. Es kommt zu einer explosionsartigen Freisetzung von Energie, begleitet von einer kurzen intensiven Emission von Neutronen. Durch Neutroneneinfang werden hierbei die schweren Elemente bis zum Uran gebildet. Mit der Supernova-Explosion wird der größte Teil der Sternmasse ins Weltall hinausgeschleudert und mit ihm all jene Elemente, die sich während der Sternentwicklung und während der Explosion gebildet haben. Zurück bleibt ein hochkomprimierter Neutronenstern oder gar ein Schwarzes Loch.M. Schaaf
Universal-Lexikon. 2012.